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Gedichte

  • Die Beschwörung

    Es zog ein Dichterknabe hinaus zu dem dunklen Hain, 
    Beschrieb mit Zeichen und Kreisen den Boden im Mondenschein,
    Er las aus schwarzem Buche geheimen Geisterbann
    Und rief mit flehender Stimme hinein in den stillen Tann:

  • Die Blume des Weins

    1.

    Der Wein, die liebliche Pflanze, ward hoch vor andern geehrt,
    Ihr hat der müde Schöpfer zwei Blüthen im Jahre beschert,
    Die ein' am Rebenstocke bei Sonnenlicht und Pracht,
    Die andere tief im Keller in finstrer Mittternacht.
    Die erst' in freien Lüften ist klein mit zartem Duft,
    Die zweit' im Faß verborgen, erfüllt mit Balsam die Luft.
    Wir fühlen die Kraft der Blumen am weingefüllten Glas,
    Die Küfer aber verstehen das geistige Blühen im Faß,
    Sie ahnen die tief Verborgene, sie scheuen das heimliche Leben,
    Den nächtlichen Duft im Keller, und fürchten die Blume der Reben.
    Doch ist ihr alter Glaube, bei hundertjährigem Wein
    Soll einmal auch für Menschen die Pflanze sichtbar sein.

  • In neuer Wohnung (Silvester 1874)

    Vorbemerkung: Der besseren Lesbarkeit wegen wurde ein Absatz eingefügt, wo im Original nur Striche sind.

     

    In  neuer Wohnung (Silvester 1874)

    Die in dunkler Ecke lauern,
    Kobold, Wichtel, Heinzel, Klaus!
    Seid auch ihr aus alten Mauern,
    Mitgezogen in dies Haus?
    Alles ist hier neu und zierlich,
    Darum haltet euch manierlich,
    Laßt auf Sopha und auf Tischen
    Bürst' und Lappen nie erwischen;
    Seid verträglich in der Küche,
    Achtet sehr auf Wohlgerüche,
    Daß der Braten nicht verbrenne,
    Nicht die Milch ins Feuer renne.
    Gießet niemals Rothweinflecke,
    Auf der Hausfrau Tischgedecke,
    Untersteht euch nicht zu necken,
    Hut und Handschuh' zu verstecken,
    Gummischuhe zu vertauschen;
    Und daß keiner daran denke,
    Je die Gäste zu berauschen!
    Aber sorgt für gut Getränke. --

    Doch vor allem gebt euch Mühe,
    Da hier frohes Leben blühe,
    Daß den Lieben, die hier hausen,
    Das Behagen  niemals fehle.
    Was ihr nur vermögt zu mausen
    Aus den Tiefen, in der Lust:
    Farbenglanz und Blüthenduft,
    Lieder aus der Vögel Kehle
    Mondenlicht und Sonnenschein
    Tragt in dieses Haus hinein,
    Malt die Wände, Wangen, Mienen
    Und erweist, daß in der Nähe
    Guter Menschen gute Geister
    Treu und unablässig dienen.

     

     

    In die Gedenkbücher eines befreundeten Hauses
    Entnommen aus: Gustav Freytag, Gesammelte Werke in 22 Bänden, Band 1, Seite 365f, 2. Auflage; Leipzig, Hirzel 1896

Kurz-Biographie

Gustav Freytag wurde am 13. Juli 1816 in Kreuzburg (Schlesien) geboren. Sein Vater Gottlob Ferdinand war Arzt, seine Mutter Henriette Albertine eine geborene Lehe. Mit Unterbrechung war Gottlob Ferdinand Bürgermeister von Kreuzburg. Freytag studierte bei Hoffmann von Fallersleben und Karl Lachmann. Da er aus politischen Gründen keine Professorenstelle bekam, wurde er zunächst als Privatdozent in Breslau tätig. Ab 1848 gab er gemeinsam mit Julian Schmidt die nationalliberale Zeitschrift „Die Grenzboten“ heraus. Seine Artikel brachten ihm u. a., daß er von Preußen steckbrieflich gesucht wurde. Er ließ sich schließlich in Siebleben bei Gotha nieder, wo ihm später von Herzog Ernst II. von Sachsen-Coburg und Gotha der Hofratstitel verliehen wurde.

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Gustav Freytags Briefe

 

Hier werden im Laufe der Zeit Briefausgaben Gustav Freytags verzeichnet. Diese subjektive Zusammenstellung, welche momentan nur wenige Titel erhält und noch erweitert wird, erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit.

Hinweis am 04. Februar 2019: Dieses Verzeichnis wird demnächst völlig neu gestaltet, ähnlich dem gerade entstehenden Bereich "Bibliographie Sekundärliteratur".

 

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Bilder aus der deutschen Vergangenheit (Band 1, Einleitung)

Einleitung

Vergebens sucht der Deutsche die gute alte Zeit. Auch ein frommer Eiferer, der Hegel und Humboldt als die großen Atheisten vedammt, auch der conservative Grundherr, welcher für die Vorrechte seines Standes mit den Mächten der Gegenwart hadert, sie würden, in seine der früheren Jahrhunderte zurückversetzt, zuerst ein maßloses Staunen, zuletzt einen Schauder vor ihrer Umgebung empfinden. Was sie am meisten begehren, das würde ihre Seele elend machen, und was sie jetzt gedankenlos oder grollend von unserer Bildung empfangen, es würde ihnen so fehlen, daß sie über dem Mangel vezweifelten.

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